Die Liebe zum Marbacher Karneval wurde Birgitt quasi schon mit in die Wiege gelegt, ohne allerdings mit der Muttermilch eingeflößt zu werden. Denn nicht die Mama, sondern ihr Papa war einst Gründungsmitglied des MKC.
Und so ist sie nun bereits 42 Jahre im Karnevalsverein ihres Heimatortes aktiv.
Dass Mädchen dabei in der Tanzgarde beginnen, ist so ungewöhnlich nicht. Das Besondere an ihrem Beginn ist allerdings der Umstand, dass ihre Gardemädchen-Tanzgruppe mit den Mädchen ihrer damaligen Schulklasse identisch war. Sie hätten also auch theoretisch im Sportunterricht trainieren können. Wie passte das auf die kleine Bühne im damaligen kleinen „Schlösschen“? „Wir waren eben eine kleine Klasse“, klärt Birgitt auf. Sie sprang sogar ein Jahr als Gardemajor ein, weil die Stammbesetzung eben für diese Zeit vom Major zum Gefreiten „degradiert“ wurde oder besser gesagt, vom karnevalistischen zum Wehrdienst wechseln musste.
Einen Gardemajor findet man heute übrigens ebenso wenig im Marbacher Karneval wie einen Karnevalsprinz inkl. -prinzessin. Aber Birgitt ist nicht nur eine ehemalige Karnevalsadlige in Marbach, sondern wohl die Einzige im MKC, die in beide nicht mehr existente Rollen schlüpfen durfte. Zudem hatte sie noch das Glück, dass sie Prinzessin in der Wendesaison 1989 / 90 war.
Der Höhepunkt ihrer Regentschaft war dabei die Fahrt von Vertretern der damaligen Erfurter Karnevalsvereine in die Partnerstadt und Karnevalshochburg nach Mainz, zehrt sie heute noch von diesem besonderen Erlebnis.
Es folgte für sie die Mitgliedschaft im Ministerfrauenballett, das sich nach vielen erfolgreichen Auftritten und tollen Erlebnissen altersbedingt auflöste. Bei dieser Tanzgruppe standen nämlich nicht nur Spaß, sondern auch hoher künstlerischer Wert auf der Agenda. Und irgendwann war so der Zeitpunkt gekommen, wo sich der Altersunterschied der Ministerfrauen (ca. 10 – 15 Jahre) bemerkbar machen sollte. Die älteren Damen wollten und konnten nicht mehr weitermachen, die „Jungfrauen“ schon. Und wie löst man dieses Problem? Man sucht sich ein paar passende Tänzer und gründet eine neue goldene Ära. Die Golden Girls & Boys waren geboren. Noch heute kennt man sie, nur unter anderem Namen und natürlich anderer Besetzung: Die BiVis und die Womanizer. Die „bis Vierzigerinnen und die Frauenversteher“ möchte der Autor für alle die ergänzen, die des Englischen und der Abkürzungen nicht mächtig sind. Und bevor hier Fragezeichen beim Leser über das Alter der aktuellen Tänzerinnen entstehen sollten, möchte ich erklären: 50 ist das neue 40. Oder wer fragt denn eine Frau schon nach dem Alter?
Aber Alter hin, Alter her, im Februar 2013 war für die Golden Girls & Boys Schluss und somit für Birgitt die letzte Zeit als Programmaktive beim MKC beendet.
Natürlich ist sie dem Verein bis heute treu und erhalten geblieben, wenn auch nur noch als Aktive. Als Verantwortliche für die Getränkeversorgung auf der Bühne und in der Bütt zog sie sich bereits zu Schlösschen – Zeiten aus dem Rampenlicht zurück. Aber die Jüngeren im Verein kennen sie seit rund einem Vierteljahrhundert nur als Protokollantin, erst jahrelang für den Vorstand tätig, seit 5 – 6 Jahren nun für den gesamten Elferrat. Allerdings ist diese Bezeichnung zu kurz gefasst, denn nur „Wer schreibt, der bleibt“, trifft für sie nicht zu. Sie ist auch „Blumenmädchen“, nicht zu verwechseln mit Streuengel, und die Empfangsdame für die VIPs und Sponsoren zu den Frühschoppen in der Marbacher Narhalla, ohne den roten Teppich auszurollen.
Und zum Kostümball 2024 ging für sie auch noch ein bis dato unerfüllter Traum in Erfüllung. Sie tanzte gemeinsam mit ihrer Tochter in einer Golden Girls Revival / Bivis / Garde / Dollen Ollen – Formation. Aber das, so sagt sie ohne Wehmut, bleibt eine Einmaligkeit.